Das OLG Hamm hat mit Urteil vom 8.11.2016 einen Erbverzicht als sittenwidrig eingestuft, bei dem die Gegenleistung nur unter die Bedingung des Eintritts mehrerer kumulativer Bedingungen gestellt war, sodass sie entfiel, wenn nur eine Bedingung nicht eintrat. Ferner war damit zu rechnen, dass zwischenzeitlich ein erheblicher Wertverlust der Gegenleistung eintreten würde. Deshalb war nach Ansicht des OLG der Erbverzichtsvertrag sittenwidrig, OLG Hamm vom 8.11.2016 – 10 U 36/15.

Auch für die Nachfolgeregelung im Unternehmen erfolgt häufig ein Erb- und Pflichtteilverzicht zum Beispiel von Geschwistern des für die Nachfolge im Unternehmen vorgesehenen Geschwisters gegen Gegenleistung. Dann ist auf Ausgewogenheit von Leistung (Verzicht) und Gegenleistung zu achten !

In dem vom OLG Hamm entschiedenen Fall hatte der Erblasser in einem notariellen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag mit dem Vertragspartner vereinbart, dass dieser auf ihm nach dem Tode des Erblasser zustehende Erb- und Pflichtteilsansprüche sowie Pflichtteilsergänzungsansprüche verzichtete. Der Verzichtende erhielt eine Gegenleistung, die unter mehreren aufschiebenden Bedingungen stand: Erreichen eines bestimmten Lebensalters und Bestehen mehrerer in Zukunft noch abzulegender beruflicher Prüfungen.

Im Rechtsstreit um die Wirksamkeit der notariellen Urkunde entschied das OLG, es liege ein erhebliches Ungleichgewicht der Leistungen zu Lasten des Verzichtenden vor, denn der Erbverzicht sei mit sofortiger Wirkung eingetreten, während die Gegenleistung unter drei kumulativ zu erfüllende Bedingungen gestellt sei, mit der Folge, dass der Erbverzicht bei Nichteintritt auch nur einer der Bedingungen unentgeltlich erlangt sei. Der angesichts der zeitlichen Komponente unweigerlich eintretende Wertverlust und die knebelnde Wirkung des Eingriffs in die Lebensgestaltung des Verzichtenden sei ein unzulässiger Eingriff in dessen Persönlichkeitsrechte. Auch angesichts des Lebensalters des Verzichtenden, der gerade vorher erst 18 Jahre alt geworden sei, sei die notarielle Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

Die Entscheidung kann ganz generell auf Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag übertragen werden, die Wohlverhaltensbedingungen zu Lasten des Verzichtenden zum Inhalt haben, die später von einem Gericht als zu belastend beurteilt werden.

Der Erblasser muss also sorgfältig Umfang und Fälligkeit der Gegenleistung für den Verzicht prüfen.
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Dr. W. Klöpper